_Backdraft und Flash - Over
Von Thomas Hartl - NÖ Landes-Feuerwehrschule



In weiten Kreisen der Feuerwehr werden die Begriffe Flash-Over und Backdraft oft gebraucht und die dahinter stehenden Phänomene als neuartige Branderscheinungen definiert. Bei Durchsicht der vorhandenen Literatur zeigt sich aber folgendes Bild:
1.Die Branderscheinung „Flash-Over“ entspricht dem Begriff Feuersprung - „Backdraft„ dem Begriff Rückzündung.
2.Beide Branderscheinungen sind lange bekannt - aber nur teilweise erforscht.
3.Beide Branderscheinungen treten immer häufiger auf. - Grund dafür ist in der modernen Bau- und Wohntechnik zu suchen.

Dieser Fachartikel stellt den Versuch einer Begriffsbestimmung sowie einer Zusammenstellung der bisherigen Erkenntnisse dar.

Flash - Over
Voraussetzungen (vereinfacht):
1. Eine Verbrennung in einem Raum mit Flammenerscheinung, welche Wärme an die Umgebung abgibt. Das heißt es ist genügend Sauerstoff für die Verbrennung vorhanden.
2. Erhitztes brennbares Material, welches vom Flammbrand noch nicht betroffen ist gibt Pyrolysegase (gr. Pyrolyse = Zersetzung durch Hitze) ab. Wesentlicher Bestandteil dieses Gasgemisches ist Kohlenstoffmonoxyd (CO)
3. Die entstehende Wärme und das Rauchgas können nicht abgeführt werden.

Verlauf (vereinfacht):
1. Durch einen Entstehungsbrand wird die unmittelbare Umgebung aufgeheizt.
2. Der Brand beginnt um sich zugreifen. Der Raum beginnt sich mit Rauch zu füllen.
3. Durch die entstehende Hitze beginnen die im Raum befindlichen Materialien Pyrolysegase abzugeben.
4. Wärme, Rauch und unverbrannte Gase sammeln sich an der Decke.
5. Wird die untere Explosionsgrenze (UEG) erreicht und besteht ein zündfähiges Gas-Luftgemisch kommt es zu verpuffungsartigem Zünden der Rauchgaswolke.
6. Durch diese Zündung erfasst der Brand schlagartig den gesamten vom Rauchgas erfüllten Raum.

In der Praxis besteht diese optimale Mischung meist nicht in der gesamten Rauchzone. Es kommt daher zu einzelnen Flammenzungen im Rauchgas. Besonders an den Randzonen ist dieses Phänomen zu sehen. Man spricht dabei von sogenannten „Dancing Angels“. Durch Luftbewegung wird das Bilden von zündfähigem Gemisch begünstigt.

Bildung brennbarer Gase


Erkennen:
Wesentliches Merkmal eines möglichen Flash-Overs ist starke Rauch- und große Wärmeentwicklung im Gebäudeinneren. Die Rauchgastemperaturen liegen zwischen 200°C und 600°C.

Auswirkungen:
Die größte Wirkung ist in der entstehenden Hitze zu sehen. Aus Versuchen und Rekonstruktionen von Einsätzen wurden Temperaturen zwischen 1000°C und 1500°C zum Zündzeitpunkt des Flash-Overs ermittelt. Dies sind Temperaturen denen auch unsere modernste Schutzbekleidung nicht standhält.
Da ein Flash-Over eine Verpuffung darstellt treten natürlich auch Druckanstiege auf. Diese liegen meist im Bereich von 1 bar. Es kommt daher zu Zerstörungen von Fenstern und Türen, sofern diese nicht bereits durch das Brandgeschehen zerstört wurden.
Eine weitere Folge ist die schlagartige Ausweitung des Brandherdes.

Maßnahmen:
1. Schaffen von genügend großen Abzugsöffnungen.
Öffnen von Rauchabzügen
Öffnen der Fenster durch den vorgehenden Trupp
Einschlagen der Fenster zum Brandraum von Außen
Öffnen der Dachhaut
Belüften des Brandobjekts (Überdruckbelüften)
usw.

2. Abkühlen des Rauchgases.
Sprühstrahl in den heißen Rauch - Wichtigste Selbstschutzmaßnahme eines vorgehenden Trupps.
Einblasen kalter Luft (Überdruckbelüften)

Ein Einsatz von Überdruckbelüftern ist nur dann zielführend wenn:
1. genügend große Abluftöffnungen geschaffen sind
2. gleichzeitig ein Trupp zur Brandbekämpfung vorgeht
3. in der Rauchabzugsrichtung zündendes Rauchgas nicht zu einem Übergreifen des Brandes führen kann. Es muss also unter Umständen ein massiver Schutz aufgebaut werden bevor die Belüftung begonnen wird.
In bestimmten Situationen kann der Flash-Over durch die Feuerwehr auch bewusst herbei geführt werden. Dies erfordert aber eine genaue Abstimmung der Innen- und Außenangriffstrupps.

Der programmierte Feuersprung

Schlussbemerkung:
Das Phänomen Flash-Over muss in der Ausbildung sehr früh dem Feuerwehrmitglied nahe gebracht werden. Jeder Atemschutzgeräteträger muss die Gefahr eines bevorstehenden Flash-Over erkennen und die erforderlichen Selbstschutzmaßnahmen ergreifen können. Ab der Funktion Gruppenkommandant sollten auch die Zusammenhänge über Entstehung und Bekämpfung bekannt sein.
Das Auftreten eines Flash-Overs muss als immer wahrscheinlicher betrachtet werden, da die im modernen Bauwesen verwendeten Materialien vermehrt zur Pyrolyse neigen, und gleichzeitig die Wärmedämmung der Objekte immer verbessert wird.


Internationale: Großbrandereignisse mit Flash-Over:

1970

Tanzlokal in Sain Laurant-du-Pont Frankreich

146 Tote

1981

Diskothek in Dublin
Irland

48 Tote, 130 Schwerverletzte

1987

U-Bahnstation Kings Cross in London England

31 Tote

1996

Disco Pub in Manila
Philippinen

150 Tote

1996

Flughafen Düsseldorf
BRD

17 Tote, 62 Schwerverletzte


Großbrandereignisse mit Flash-Over in Österreich:

1979

Hotel "Am Augarten" in Wien

25 Tote

1987

Steyr-Daimler-Puch-Zentrale in Wien

1989

Möbelhaus Leiner in St. Pölten

1 Tote

1993

Palmers-Hochhaus in Wiener Neudorf
erstmalig bewusst herbeigeführter Flash-Over




Backdraft
Voraussetzungen (vereinfacht):    Eine Verbrennung in einem Raum mit Flammenerscheinung, welche Wärme an die Umgebung abgibt, geht in eine Verschwelung über. Das heißt es ist nicht genügend Sauerstoff für die Verbrennung vorhanden.
2.   Brennbares Material gibt aufgrund der Hitze im Raum Pyrolysegase ab. Wesentlicher Bestandteil dieses Gasgemisches ist Kohlenstoffmonoxid (CO)
3.   Die entstehende Wärme und das Rauchgas können nicht abgeführt werden.

Verlauf (vereinfacht):
1.   Durch einen Entstehungsbrand wird die unmittelbare Umgebung aufgeheizt.
2.   Der Brand beginnt um sich zugreifen. Der Raum beginnt sich mit Rauch zu füllen.
3.   Durch die entstehende Hitze beginnen die im Raum befindlichen Materialien Pyrolysegase abzugeben.
4.   Wärme, Rauch und unverbrannte Gase sammeln sich an der Decke. 
5.   Die Sauerstoffzufuhr ist ungenügend es kommt zu einem Schwelbrand.
6.   Die obere Explosionsgrenze (OEG) wird rasch erreicht und meist überschritten.
7.   Erfolgt nun Sauerstoffzutritt kommt es zu einer Durchmischung mit dem Rauchgas und in der Folge zur Zündung.
Da im Raum Überdruck herrscht tritt die Stichflamme bei der Öffnung aus bei der auch die Luft eintritt. Dies ist dadurch erkennbar, dass die Flamme im oberen Bereich aus dem Raum austritt während gleichzeitig im unteren Bereich ein Luftzug in den Raum bemerkbar ist.


Erkennen:

Wesentliche Merkmale eines möglichen Backdraft:

1.  
geschlossener Raum mit nur geringem oder keinem Rauchaustritt
2.  
hohe Temperatur in der Umgebung des Brandraumes bzw. der Türen- und Fensterflächen (100°C-300°C)
3.  
kaum wahrnehmbare Flammen im Brandraum
4.  
heiße Luft/Rauch tritt beim Öffnen von Türen aus


Auswirkungen:
Die wesentliche Wirkung liegt in der entstehenden Stichflamme die eine Wärmeleistung von 4000 kW und mehr haben kann (Temperaturen 1800°C - 2500°C). Ein Druckanstieg ist dabei kaum merkbar.


Maßnahmen:

1.  
Vorgehen in der Deckung
2.  
Öffnen von Türen zum Brandraum nur mit Wasser am Rohr
3.  
Sofortiges Abkühlen von heißem Brandrauch mit Sprühstrahl. (Verbrühungsgefahr)
4.  
Einschlagen von Fenstern zum Brandraum von Außen - Diese Maßnahme ist nur sinnvoll wenn eine Abstimmung mit dem zur Brandbekämpfung vorgehenden Trupp gegeben ist.
5.  
Einsatz von Überdruckbelüftern - Die beim Flash-Over beschriebenen Bedingungen müssen auch hier gegeben sein.


Schlussbemerkung:
Das Phänomen Backdraft muss in der Ausbildung sehr früh dem Feuerwehrmitglied nahe gebracht werden. Jeder Atemschutzgeräteträger muss die Gefahr eines bevorstehenden Backdraft erkennen und die erforderlichen Selbstschutzmaßnahmen ergreifen können. Ab der Funktion Gruppenkommandant sollten auch die Zusammenhänge über Entstehung und Bekämpfung bekannt sein.
Das Auftreten eines Backdraft muss als immer wahrscheinlicher betrachtet werden, da die im modernen Bauwesen verwendeten Materialien vermehrt zur Pyrolyse neigen, und gleichzeitig die Wärmedämmung der Objekte immer verbessert wird.


Rekonstruktion eines Backdrafts

Am 28. März 1994 wurde die New Yorker Feuerwehr zu einem Zimmerbrand in einem dreigeschossigem Gebäude gerufen.
Der Einsatzleiter setzte einen Trupp zum Öffnen der Fenster und Dachluke im zweiten Stockwerk und einen Trupp zur direkten Brandbekämpfung im ersten Stock ein. Als die Tür zum Brandraum geöffnet wurde schlug eine Stichflamme 6,5 min lang in das Stiegenhaus. Diese Flamme tötete die drei im oberen Stockwerk befindlichen Feuerwehrmänner. Aus diesem Grund wurde der Einsatz in einem Modell nachgestellt. Bei diesem Versuch konnten interessante Erkenntnisse gewonnen werden.

 

Wesentliche Unterschiede zwischen Flash-Over und Backdraft 

 

Flash-Over

Backdraft

Voraussetzung

Verbrennung läuft bei ausreichender Sauerstoffzufuhr ab

Verbrennung läuft bei ungenügender Sauerstoffzufuhr ab SCHWELBRAND

Merkmal

Massive Rauchbildung auch außerhalb des Brandraumes

hohe Temperaturen

Massive Rauchbildung im Brandraum

hohe Temperaturen

Auswirkung

Verpuffung bis Raumexplosion

Stichflamme an der Lufteintrittsstelle

frühester Zeitpunkt des Auftretens

schon kurz nach dem Brandausbruch möglich - oft noch vor Eintreffen der Feuerwehr

beim Öffnen bisher geschlossener Brandräume

- meist beim Vorgehen der Feuerwehr


Quelle:
www.fireworld.at

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